Rechtliches

1.1 Was ist ein Verein?

Ein Verein nach Art. 60 ff. ZGB ist eine Personenvereinigung mit eigener Rechtspersönlichkeit. Als juristische

Person ist der Verein Träger von Rechten und Pflichten und verfügt über ein eigenes Vermögen

(sog. Vereinsvermögen).

 

Vereine verfolgen in der Regel nichtwirtschaftliche Zwecke, die ideeller, politischer, religiöser, wissenschaftlicher,

geselliger, künstlerischer, sportlicher oder gemeinnütziger Natur sein können. Solche Vereine

dürfen zur Erreichung ihrer Ziele auch ein kaufmännisches Gewerbe betreiben. Verfolgt ein Verein demgegenüber

einen wirtschaftlichen Zweck (z.B. Berufs- und Wirtschaftsverbände), darf er nicht gleichzeitig

ein kaufmännisches Gewerbe betreiben.

 

Die Schweiz kennt eine verfassungsmässig garantierte Vereinigungsfreiheit. Danach hat jede Person

das Recht, Vereine zu bilden und Vereinen beizutreten. Grundsätzlich darf niemand gezwungen werden,

einem Verein anzugehören.

1.2 Was ist ein Verband?

Ein Verein kann in räumlicher oder sachlicher Hinsicht in Gliederungseinheiten aufgeteilt sein. Die Gliederungseinheiten werden in der Regel mit Sektionen bezeichnet. Vereine mit solchen Sektionen heissen

Verbände. Juristisch sind Verbände aber nichts anderes als Vereine nach Art. 60 ff. ZGB. In der Praxis

sind es vor allem Grossvereine, die Sektionen bilden, um das Vereinsleben zu regionalisieren.

 

Häufig haben die Sektionen eine eigene Rechtspersönlichkeit, sind also ihrerseits Vereine. Sie sind dann

Mitglied im Verband, der in der Praxis nicht selten als Zentralverband, Dachverband oder dergleichen

bezeichnet wird.

 

Die Verbände sind weitgehend frei, in ihren Statuten die Organisation des Verbands zu regeln. Meistens

bilden Delegierte der Sektionen das oberste Organ des Verbands (sog. Delegiertenversammlung).

 

Beispiel

Der Schweizer Verband der Rosenzüchter hat 26 Mitglieder. Bei diesen handelt es sich um die kantonalen Vereine der Rosenzüchter

(Sektionen). Die Sektionen sind berechtigt, pro 20 Mitglieder je zwei Delegierte an die Delegiertenversammlung des Schweizer

Verbands zu entsenden.

 

1.3 Gründung des Vereins

Ein Verein entsteht, wenn zwei oder mehrere natürliche oder juristische Personen durch Annahme gesetzeskonformer

Statuten ihren Willen zur Mitgliedschaft bekunden. Dieser Akt erfolgt an der Gründungsversammlung,

an der die anwesenden Gründungsmitglieder über folgende Traktanden zu beschliessen

haben:

 

  • Wahl Tagespräsident, Stimmenzähler und Protokollführer;
  • Feststellung der Anwesenheit der Gründungsmitglieder (im Protokoll oder gemäss einer Präsenzliste);
  • Gründung des Vereins;
  • Genehmigung der schriftlichen Statuten;
  • Vorstandswahlen und eventueller Wahl der Revisionsstelle.

 

Die Statuten müssen von den Gründungsmitgliedern nicht zwingend unterzeichnet werden. Demgegenüber

sollte die Gründungsversammlung in einem Protokoll festgehalten werden, das vom Tagespräsidenten

und vom Vorsitzenden zu unterzeichnen ist.

 

Vereine, die eine Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit anstreben, sollten bereits in der Gründungsphase

Kontakt mit der zuständigen Steuerbehörde aufnehmen. Es empfiehlt sich, den Entwurf der

Statuten und ein allfälliges Tätigkeitskonzept der Steuerbehörde zur Vorprüfung der Gemeinnützigkeit zu

unterbreiten.

 

1.4 Vereinsstatuten

Die Statuten bedürfen zwingend der Schriftform. Sie müssen mindestens Ausführungen über den

Namen und den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation enthalten. Zudem sollten sie

sich über den Sitz des Vereins äussern (z.B. am jeweiligen Wohnsitz des Präsidenten).

 

Will der Verein Mitgliederbeiträge erheben, ist dafür eine statutarische Grundlage notwendig.

 

Die Organe des Vereins sind in der Regel die Vereinsversammlung als oberstes Organ, der Vorstand als

Exekutivorgan sowie eine allfällige Geschäftsführung als operatives Organ. Die Vereinsversammlung wählt

die Mitglieder des Vorstands, die nicht zwingend Vereinsmitglieder sein müssen. Die Statuten sollten auch

festlegen, wer für die Aufnahme neuer Mitglieder zuständig ist.

 

Hier ist der Link zu den Musterstatuten KMU Admin.

1.5 Handelsregister

Grundsätzlich muss ein Verein nicht ins Handelsregister eingetragen werden. Eine Eintragung ist aber

dann erforderlich, wenn der Verein ein kaufmännisches Gewerbe betreibt, der ordentlichen Revision untersteht

oder für bestimmte Zwecke hauptsächlich Vermögenswerte im Ausland direkt oder indirekt sammelt

oder verteilt (vgl. Art. 61 Abs. 2 ZGB). Ob ein Verein ein kaufmännisches Gewerbe betreibt, muss anhand

der konkreten Umstände beurteilt werden. Eine Eintragung ins Handelsregister kann auch freiwillig

erfolgen, namentlich zur Erhöhung der Transparenz. Vereine, die von Gesetzes wegen zur Eintragung im Handelsregister verpflichtet sind, müssen ein Mitgliederverzeichnis führen, auf das in der Schweiz jederzeit

zugegriffen werden kann (vgl. Art. 61a ZGB).

 

Erfolgt eine Eintragung, wird vor allem Folgendes eingetragen: der Name, der Sitz, das Datum der Gründung

und der Statuten, der Zweck, die Mitglieder des Vorstands, die zur Vertretung berechtigten Personen

und, falls vorhanden, die Revisionsstelle.

 

Der im Handelsregister eingetragene Verein unterliegt der Konkursbetreibung. Zudem hat der eintragungspflichtige

Verein die Pflicht zur ordentlichen Buchführung und Rechnungslegung nach Art. 957

Abs. 1 OR.

 

1.6 Liquidation des Vereins

Die Vereinsversammlung kann jederzeit die Auflösung des Vereins beschliessen (vgl. Art. 76 ZGB). Von

Gesetzes wegen erfolgt die Auflösung, wenn der Verein zahlungsunfähig ist oder wenn der Vorstand nicht

mehr statutenkonform bestellt werden kann (vgl. Art. 77 ZGB).

 

Ein aufgelöster Verein muss liquidiert werden, d. h., die Aktiven sind zu versilbern und die Schulden zu begleichen.

Ein allfälliges Restvermögen ist gemäss den Vorgaben in den Statuten zu verwenden.

 

Ein Verein kann auch ohne Liquidation durch Fusion, z. B. mit einem anderen Verein, aufgelöst werden.

Es gibt zwei Arten von Vereinsfusionen: Entweder übernimmt ein Verein einen anderen (sogenannte Absorptionsfusion)

oder zwei Vereine fusionieren zu einem neuen Verein (sogenannte Kombinationsfusion).

Auf Vereinsfusionen findet das Fusionsgesetz Anwendung.

 

Beispiel

Die Tennisvereine der Gemeinden X und Y fusionieren zum neuen Verein Tennis XY. Die beiden alten Vereine werden durch die Fusion aufgelöst. Ihr Vermögen wird dabei nicht liquidiert, sondern geht auf den neuen Verein über.

 

1.7 Vorstandspflichten und -haftung

Die Vorstandsmitglieder haben alle Aufgaben zu erledigen, die ihnen gemäss Gesetz und Statuten obliegen.

Der Vorstand hat den Verein gegen aussen zu vertreten (vgl. Art. 69 ZGB). Seine Aufgaben sind unter

anderem: Einberufung der Vereinsversammlung, Umsetzung der Beschlüsse der Vereinsversammlung, Erstellung

eines Tätigkeitberichts, Vorbereitung von Budget und Jahresrechnung, Verwaltung des Vereinsvermögens,

Anstellung von Personal, Abschluss von Verträgen etc. Verfügt ein Verein über kein operatives Organ

(Geschäftsführung), obliegen dessen Aufgaben dem Vorstand (Tagesgeschäft, Buchführung, Verwaltung

der Mitgliederdaten, Mitglieder- und Behördenkontakte etc.).

 

Grundsätzlich ist jedes Vorstandsmitglied einzeln berechtigt und verpflichtet, den Verein gegenüber Dritten

zu vertreten. Vereine, die im Handelsregister eingetragen sind, können die Vertretungsbefugnis einschränken

(zumeist Kollektivzeichnungsberechtigung). Diejenigen Vereine, die von Gesetzes wegen der

Eintragungspflicht unterliegen, müssen durch eine Person vertreten werden können, die Wohnsitz in der

Schweiz hat. Diese Person muss Zugang zum Mitgliederverzeichnis haben (siehe dazu oben Ziff. 1.5). Bei der Haftung der Vorstandsmitglieder gilt es zu unterscheiden zwischen der Haftung gegenüber

dem Verein (intern) und der Haftung gegenüber Dritten (extern).

 

Zunächst zur internen Haftung: Fügen der Vorstand oder einzelne Vorstandsmitglieder durch eine Handlung,

eine Unterlassung oder einen Beschluss dem Verein einen finanziellen Schaden zu, so haften die

Vorstandsmitglieder, wenn sie ein Verschulden trifft. Dabei genügt jegliches Verschulden, d.h. Vorsatz und

Fahrlässigkeit, ja bereits leichte Fahrlässigkeit. Bei einem Schadensfall liegt es an der Vereinsversammlung,

den Vorstandsmitgliedern die Décharge zu verweigern und die Schadenersatzansprüche gegen die

fehlbaren Vorstandsmitglieder durchzusetzen. In der Regel werden die Vorstandsmitglieder abgewählt

und die neuen Vorstandsmitglieder prüfen die behaupteten Schadenersatzansprüche und setzen diese

gegebenenfalls durch. Die fehlbaren Vorstandsmitglieder haften unbeschränkt mit ihrem persönlichen

Vermögen.

 

Beispiel

Der Vorstand hat einen Teil des Vereinsvermögens hoch spekulativ angelegt, was zu einem Totalausfall führt. Die Vorstandsmitglieder haften dafür, wenn der Beschluss für diese Art der Vermögensanlage fahrlässig war (was letztlich ein Gericht entscheiden muss).

 

Die Vorstandsmitglieder können auch für Schäden von Dritten belangt werden (vgl. Art. 55 Abs. 3 ZGB).

Dies ist dann der Fall, wenn ihr Verhalten (oder eine Unterlassung) widerrechtlich war und im Vermögen

des Dritten einen finanziellen Schaden bewirkt hat (vgl. Art. 41 OR). In der Regel wird sich der Dritte zunächst

an den Verein halten, denn dieser haftet ihm gegenüber für widerrechtliche Handlungen seiner

Vorstandsmitglieder (vgl. Art. 55 Abs. 2 ZGB). Die Haftung der Vorstandsmitglieder gegenüber Dritten kann

sich auch aufgrund von Bestimmungen in Spezialgesetzen ergeben (der in der Praxis bedeutendste Fall ist

der Anspruch von Ausgleichskassen gegenüber Vorstandsmitgliedern für nicht bezahlte Sozialversicherungsabgaben

gestützt auf Art. 52 AHVG).

 

Beispiel

Der Vorstand eines Kitavereins weiss, dass der Spielplatz der Kita hochgradig renovationsbedürftig ist. Um die angeschlagene Vereinskasse zu schonen, beschliesst er jedoch, vorderhand von einer Renovation abzusehen. Verunglückt nun ein Kind auf dem Spielplatz, müssen unter Umständen die Vorstandsmitglieder für den Schaden persönlich einstehen.

 

Das Bundesgericht lehnt es ab, bei Vorstandsmitgliedern einen allfälligen Schadenersatz zu reduzieren,

nur weil sie ehrenamtlich für den Verein tätig sind (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 15. Juni 2010,

9C_145/2010, Erw. 5.3.). Die Ehrenamtlichkeit führe nicht dazu, dass die Pflichten weniger sorgfältig wahrgenommen

werden dürfen, so das Bundesgericht. Diese Rechtsprechung wird von der juristischen Lehre

als zu streng kritisiert.